Yin und Yang im Schreiben

Shownotes

In dieser Folge von The Book(ed) Life geht es um das Konzept von Yin und Yang beim Schreiben eines Buchs. Yvonne Kraus erklärt, dass Yin und Yang nicht nur männlich und weiblich repräsentieren, sondern polar entgegengesetzte und dennoch miteinander verbundene duale Kräfte sind. Sie teilt fünf Beispiele, in denen sie Yin und Yang beim Schreibprozess sieht, wie zum Beispiel den Anfang und das Ende eines Buchs, die unterschiedliche Energien und Fertigkeiten erfordern. Auch diskutiert sie, wie einige Menschen leicht ein Buch beginnen können, während andere Schwierigkeiten haben, es zu beenden. Die Folge bietet Einblicke in die harmonische Balance zwischen verschiedenen Aspekten des Schreibens.

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00:00:00: Hallo und herzlich willkommen hier bei The Booked Life, dem Podcast rund um dein eigenes Buch.

00:00:18: In dieser Folge geht es um Yin und Yang im Schreiben und zwar im Schreiben eines Buchs.

00:00:27: Yin und Yang, das wird sehr oft bezeichnet als männlich und weiblich, aber das ist es nicht

00:00:33: ganz. Deswegen lese ich jetzt hier mal die Definition aus Wikipedia vor. Ein Moment.

00:00:41: Die Definition lautet Yin und Yang stehen für polar einander entgegengesetzte und dennoch

00:00:52: aufeinander bezogene duale Kräfte oder Prinzipien, die sich nicht bekämpfen, sondern ergänzen. Und

00:01:02: das finde ich super schön. Also nicht rein männlich und weiblich, sondern männlich weiblich wäre eine

00:01:08: Ausprägung von dem, was Yin und Yang meint. Yin und Yang heißt immer, es gibt zwei Dinge,

00:01:13: die sehr unterschiedlich sind, aber die nur zusammen funktionieren. Und ich habe dir fünf

00:01:22: Beispiele heute dafür mitgebracht, wo ich beim Schreiben eines Buchs Yin und Yang sehe. Yin und

00:01:31: Yang beim Schreiben sind zunächst mal die beiden Enden des Schreibens aus meiner Sicht,

00:01:38: also das Anfangen und das Beenden des Buchs. Beides sind nämlich komplett unterschiedliche

00:01:47: Energien, die da benötigt werden und unterschiedliche Fertigkeiten, die wir mitbringen müssen. Für manche

00:01:56: ist es super einfach ein Buch anzufangen oder überhaupt irgendein Projekt anzufangen, weil sie

00:02:02: neugierig sind, weil sie vielleicht auch ein bisschen an shiny object syndrome leiten, also so wie ich

00:02:11: definitiv super gerne einfach was Neues sehen, sich drauf stürzen und loslegen, weil sie mutig

00:02:21: bis übermutig sind, weil sie gerne diesen Zauber des Anfangs erleben. Und das sehe ich tatsächlich

00:02:30: sehr häufig, dass Leute super voller Elan, voller Ideen das Buch beginnen und auch sehr

00:02:38: gut loslegen und es läuft und die Ideen sind da und sprudeln und dann bleibt es in dieser Energie,

00:02:48: in der einen Hälfte des Yin und Yang, was auch immer es ist und die andere Hälfte fehlt. Und

00:02:57: das ist eben dieses Yin und Yang, ist nur vollständig, wenn beides da ist. Das Buch

00:03:03: wird nicht alleine fertig durch diesen Enthusiasmus und diese sprudelnde Energie beim Anfang. Es muss

00:03:14: eben auch dieses vielleicht etwas rationalere, etwas auch unterbrechendere, entscheidungsfreudige

00:03:22: und sagen, ich bestimme jetzt, dass es fertig ist, ich beende diese sprudelnden Ideen und bringe es

00:03:33: zum Abschluss. Also dieses Enden muss eben auch vorhanden sein. Und nur wenn beides da ist, kann

00:03:40: ein Buch entstehen. Also nur wenn dieses Feuerwerk am Anfang und die Löschdecke am Ende, die das

00:03:48: Feuer wieder ein bisschen runterbringt und in den nächsten Schritt quasi überleitet, nur dann kann

00:03:55: es funktionieren. Das ist eine Stelle, wo ich das Yin und das Yang sehe beim Schreiben. Eine

00:04:02: andere ist das Alleinsein und das Verbinden. Ich finde das total spannend beim Schreiben und ich

00:04:12: glaube, das ist auch einer der Gründe, warum, egal was wir schreiben, wenn es ein Buch wird und wir

00:04:18: das Buch irgendwann in die Welt lassen, warum uns das so stark verändert. Wir beschäftigen uns beim

00:04:26: Schreiben intensiv mit uns selbst. Wir sind, selbst wenn wir uns in einer Gruppe anschließen,

00:04:32: selbst wenn wir jemanden an unserer Seite haben, der uns unterstützt, selbst wenn wir alles abends

00:04:36: unserem Partner oder unserer Partnerin vorlesen, sind wir mit unseren Gedanken, unseren Worten,

00:04:40: mit dem, was wir in den Computer oder aus Papier bringen, komplett alleine. Mit dem Ziel, dass wir

00:04:50: eine Verbindung herstellen. Irgendwann ist das Buch ohne uns in der Welt und kann von allen gelesen

00:04:57: werden. Also wir sind alleine und sind in unserem stillen Kämmerlein und öffnen uns dabei für

00:05:06: eine unbestimmte Anzahl Menschen, die wir nicht kennen, die wir vielleicht nie kennenlernen werden,

00:05:13: die uns aber kennenlernen werden. Und das ist auch ein großer Gegensatz, der auch was mit einem macht,

00:05:20: wenn man ein Buch schreibt. Denn dieser Gedanke, auch wenn man ihn vielleicht nicht genau so benennt,

00:05:28: unbewusst ist er die ganze Zeit da. Das wir jetzt natürlich, wenn wir uns das vorlesen,

00:05:34: das ganz toll finden oder dass uns vielleicht auch noch was fehlt, um es ganz toll zu machen.

00:05:40: Aber vielleicht ist das ein Schritt zu mutig oder es fühlt sich nicht so richtig an, weil wir können

00:05:46: es ja nicht mehr erklären später. Wir können ja nicht mehr nachher sagen, das war so und so gemeint,

00:05:50: sondern dann ist es nicht mehr alleine, sondern es ist offen für alle. Also dieses alleine,

00:05:57: geschlossen für sich und offen für alle, verbindend mit allen, gehört aber beides total dazu. Ohne

00:06:07: diese Verbindung auf der einen Seite ist es kein Buch. Es ist kein veröffentlichtes Buch und kann

00:06:13: seine ganze Wirkung nicht entfalten. Ein Buch in der Schublade ist toll, weil wir das geschrieben

00:06:18: haben. Aber es ist nicht all das, was ein Buch eben sonst noch kann. Uns zeigen, uns ja mit

00:06:26: anderen Menschen verbinden, dieses Stolzgefühl auslösen, dass wir es geschafft haben. Also all

00:06:32: das fehlt ja dann. Aber auch das alleine reicht ja nicht, dieses Verbindene. Es muss auch diese

00:06:40: Zeit vorangehen des Komplett-Alleine-Seins, des Mit-Sich-Selbsts, des Ausmachen, des Abwägens.

00:06:47: Ich entscheide, wie ich bin, wenn ich alleine bin und wie ich gesehen werde, wenn ich mit anderen

00:06:54: bin. Und das ist ein ganz, ganz starker, wichtiger Prozess beim Schreiben und auch der ist durch

00:07:02: Yin und Yang, durch Gegensätze, die zusammengehören, ja geprägt. Ein dritter Punkt,

00:07:11: das ist das Festhalten und das Loslassen. Beides muss sein, beides ist ein Teil des

00:07:21: Schreibprozesses. Das Loslassen ganz klar, ohne dass wir das Buch loslassen, ohne dass wir uns

00:07:27: zurückziehen, ohne dass wir sagen, das Buch darf alleine sein. Das Buch ist nicht ein Teil von mir,

00:07:35: sondern ist etwas, was aus mir herausgekommen ist und jetzt für sich stehen muss. Ohne das wird es

00:07:40: halt kein vollständiges Buch. Wenn wir immer das Gefühl haben, wir sind noch ein Stück bei dem Buch

00:07:46: oder es muss nicht für sich alleine stehen können, dann kann es eben auch nicht von jemandem

00:07:52: verstanden werden oder überhaupt nur rezipiert werden richtig für sich. Und ein Buch ist eben

00:08:01: nicht ein Gruppenkurs oder sowas oder eine Veranstaltung, wo du als Mensch noch da bist

00:08:10: und noch Dinge erklären kannst, sondern es ist komplett für sich, es ist dein Botschafter in

00:08:16: der Welt sozusagen. Und dafür, um das geschehen zu lassen, müssen wir es loslassen. Gleichzeitig

00:08:26: ist ein Buch, das du geschrieben hast unter deinem eigenen Namen, immer für solange du es

00:08:34: veröffentlicht lässt, mit dir verbunden. Und das ist auch etwas, also diese Verbindung mit dir selber

00:08:41: und das Festhalten daran, dass du und dein Buch quasi zusammengehört, auch wenn ihr nicht

00:08:46: dasselbe seid, auch wenn das, was über dein Buch gesagt wird, nicht über dich gesagt wird,

00:08:51: sondern über das Buch, aber dieses Festhalten ist auch etwas, was vielen Angst macht. Also was ist,

00:08:57: wenn ich jetzt mich sehr mutig fühle und in fünf Jahren bin ich an einem ganz anderen Punkt in

00:09:03: meinem Leben und dieses Buch steht mir vielleicht im Weg, weil natürlich ich dieses Buch immer

00:09:08: festhalte und dieses Buch mich festhält. Aber es gehört zusammen, es macht auch den Zauber eines

00:09:15: Buchs aus, es macht das Besondere eines Buchs aus, dass es auf der einen Seite für sich in der Welt

00:09:20: ein Leben führt und wir gar nicht erkennen, was es macht oder gar nicht wissen, was es macht,

00:09:27: überhaupt nie wissen können, was es macht. Und auf der anderen Seite ist aber trotzdem immer mit

00:09:35: uns verbunden, ist von uns selber aus emotional, aber auch in der Wahrnehmung anderer Menschen.

00:09:42: Das vierte ist eins meiner Lieblingsthemen und ist auch absolut Yin und Yang. Das ist Kreativität

00:09:51: und Struktur. Viele Menschen halten mich für einen superstrukturierten Menschen und tatsächlich

00:10:00: habe ich mir eine sehr strukturierte Arbeitsweise angewöhnt. Wenn du mit mir zusammen arbeitest,

00:10:05: wird das auch alles sehr strukturiert ablaufen. Ich selbst als Mensch, als Person bin nicht so

00:10:12: strukturiert. Ich suche sehr häufig meine Schlüssel, meine To-do-Liste ist mehr so ein

00:10:18: Blatt, wo alles Mögliche kreuz und quer drauf steht und ich noch in jede Ecke irgendwas reinpinsel,

00:10:25: auch was gar kein To-do ist. Ich bin so nicht so strukturiert, aber ich organisiere mich dann

00:10:32: entsprechend und schreibe dann, mach dann zumindest jeden Abend, übertrage ich die To-do-Liste auf den

00:10:37: nächsten Tag. Ist ganz wichtig tatsächlich für mich, dass ich mir solche Strukturen aneignen.

00:10:42: Und warum ist das so wichtig? Weil ich ein sehr kreativer Mensch bin und Kreativität ist super,

00:10:50: ist toll, um Ideen sprudeln zu lassen, aber wirklich erschaffen im kreare Sinne von Kreativ,

00:10:58: tun wir nur etwas, wenn da auch ein Ergebnis am Ende steht. Und dieses Ergebnis, das entsteht

00:11:05: nicht dadurch, dass ich jeden Tag ein tolles neues Bild habe für ein Beispiel in meinem Buch,

00:11:14: dass ich ja noch ein neues Kapitel mir erfinde und noch zwei neue Beispiele und noch drei neue

00:11:23: Bände, die ich schreiben möchte und noch vier Ideen, die da reinkommen, bevor es fertig wird.

00:11:29: Diese Kreativität kann tatsächlich dafür zu führen, dass das Buch nie zu Ende kommt. Um es

00:11:37: wirklich zu einem Produkt, einem physikalischen Buch, einem Gegenstand in der Welt werden zu

00:11:44: lassen, braucht es die Struktur. Da braucht es so ganz nüchtern die einzelnen Schritte von A. ich

00:11:55: plane, was das Buch ist, bis Z. ich veröffentliche und vermarkte es. Und das fühlt sich dann nicht

00:12:02: mehr so kreativ an, ist aber in Wahrheit natürlich auch kreativ, weil ich etwas erschaffe, aber es ist

00:12:07: nicht mehr dieses spielerische, bunte, ich werfe Dinge in die Luft und fange auf, was mir gerade

00:12:15: gefällt und vermische das irgendwie, sondern es ist ein Weg, der mir Schritt für Schritt zeigt,

00:12:22: wie ich ein Ergebnis bekomme, wie ich das Buch dann endlich abschließen kann, um dann auch etwas

00:12:28: Neues machen zu können. Sonst bleibt es ja auch immer im Kopf, in der Schublade und zieht auch

00:12:33: Energie von mir. Das fünfte Yin und Yang im Schreiben ist das Verstecken und sich zeigen.

00:12:43: Ist ganz spannend, wir werden mit unserem Buch automatisch sichtbar. Das macht tatsächlich

00:12:50: vielen Angst, die noch nicht sichtbar sind. Gerade wenn ich Menschen treffe, die ihr Buch

00:12:59: veröffentlicht haben und es läuft nicht so gut an und es verkauft sich nicht so gut, aber es passt

00:13:06: eigentlich alles, stelle ich manchmal so die Frage, sag mal, willst du dein Buch eigentlich

00:13:11: nicht verkaufen? Und oft ist es genau das, sie wollen es eigentlich nicht verkaufen, weil sie

00:13:16: diese Sichtbarkeit nicht haben wollen. Sichtbarkeit ist aber eben eine Hälfte des Yin und Yang. Es

00:13:23: gehört dazu. Wir als Autoren und Autorinnen werden sichtbar, weil wir etwas gemacht haben,

00:13:31: was nicht viele Menschen machen. Zwar gibt es jedes Jahr allein in Deutschland 70.000 neue Bücher,

00:13:36: nur 70.000 werden nicht von 70.000 Autorinnen geschrieben und selbst 70.000 Autorinnen wären

00:13:44: nicht so wahnsinnig viele, wenn man überlegt, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie viele

00:13:50: Menschen Bücher lesen und das Schreiben, ja, machen trotzdem noch relativ wenige. Und ja, so wird

00:13:58: man halt auf jeden Fall sichtbar, weil es was Besonderes ist, was man gemacht hat. Und das ist

00:14:02: ja auch schön, das ist ja auch ein Grund, warum man es macht. Gleichzeitig ist es auch möglich,

00:14:07: sich in einem Buch zu verstecken, denn anders als jetzt in einem Podcast, auf einem Video,

00:14:14: sind wir nicht mit so ganz persönlichen Eigenschaften zu sehen. Wir sind nicht zu hören,

00:14:20: nicht im Video zu sehen. Man würde uns jetzt auf der Straße wahrscheinlich nicht erkennen. Man

00:14:26: muss schon unseren Namen kennen und das ist bei vielen Büchern oft gar nicht der Fall, dass man

00:14:32: den Namen kennt des Autors oder der Autorin. Und insofern ist es tatsächlich möglich, dass wir in

00:14:42: einem Buch unsere Ideen, unsere Gedanken, unser Wissen für sich sprechen lassen und ein Stück

00:14:49: dahinter zurücktreten. Das heißt, wir werden zwar sichtbar auf der einen Seite, auf der anderen

00:14:54: Seite lassen wir aber auch unseren Ideen den Vortritt und können ein bisschen dahinter

00:15:00: zurücktreten. Deswegen finde ich gerade für Menschen, die sichtbar werden wollen und die

00:15:06: gleichzeitig sehr introvertiert sind, die haben mit einem Buch eine tolle Chance,

00:15:12: sichtbarkeit zu gewinnen, die sich nicht so beckengstigend anfühlt und man wächst dann

00:15:18: sowieso da rein. Ja, das sind so verschiedene Yin und Yangs, die ich beim Schreiben eines

00:15:23: Buchs für mich entdeckt habe und Yin und Yang fasziniert mich tatsächlich, weil es, ich meine,

00:15:30: es ist ja auch schwarz und weiß und die Welt ist nie alleine schwarz oder weiß und sie ist auch

00:15:37: nicht schwarz-weiß, sondern sie ist aus diesen beiden Farben und aus diesen beiden Teilen

00:15:43: zusammengesetzt. Es gibt beides und es ist beides valide und nur beides zusammen ergibt

00:15:50: ein Ganzes. Das war meine Folge zu Yin und Yang. Ich hoffe, sie hat dir Freude bereitet und du

00:15:57: konntest was mitnehmen. Wenn du mehr von mir wissen willst, schau einfach auf ivankraus.de vorbei,

00:16:03: alles zusammengeschrieben. Ich freue mich und ich freue mich, wenn du dein Buch in die Welt

00:16:07: bringst, denn das Leben ist zu kurz, um kein Buch zu schreiben. Mach's gut!

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